Bent11

Roman

 

 Bestellung beim Engelsdorfer Verlag, Leipzig

 ISBN 978-3-961145-722-0

 

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Rezension

 

Der neunzehnjährige Søren und sein elfjähriger Bruder Benedict verbringen ohne die Eltern eine Urlaubswoche im elterlichen Ferienhaus im Küstenort Broager/Dänemark. Benedict, genannt Bent, verlässt zunehmend seinen eigenen Kosmos und die Brüder finden immer mehr zusammen. Es wird eine zeitweilig turbulente Woche in Broager. Bent ist gerade 11 geworden, deshalb nennt er sich Bent 11. Bent hat das Asperger-Syndrom, eine leichtere Form von Autismus. Deshalb wirkt er auf seine Mitmenschen oft sonderbar wie ein Außenseiter oder Eigenbrötler, der die Welt mit seinen eigenen Augen sieht und sich in ihr auf seine Art zurechtfinden möchte. Bent hat eine unerschütterliche Logik, auf die Sören oft zurückgreift, selbst, wenn Bents Lösungsstrategien für Søren auf den ersten Blick nicht immer zielführend erscheinen. Auf den zweiten Blick sind sie es z. B. wenn es darum geht, sich eine Pizza zu bestellen. Im Laufe der Geschichte überwinden die Brüder zunehmend ihr distanziertes Verhältnis zueinander und lernen, mit ihrem Anderssein umzugehen, es zu akzeptieren und zu respektieren.

 

Diese Entwicklung erweist sich für beide, Bent und Søren gleichermaßen, als wertvolle Bereicherung. In witzigen Dialogen werden Alltagssituationen beschrieben, die neurotypische und autistische Denk- und Wahrnehmungsweisen aufzeigen, unterschiedliche Perspektiven und Herangehensweisen werden anhand kleiner Szenen verdeutlicht. Im Verlauf der Geschichte werden verschiedene Themen angesprochen, die für Jugendliche im Allgemeinen von Bedeutung sind z.B. wie man ein Mädchen kennenlernt oder wie es ist, sich zu verlieben und was es heißt, wenn man dies das erste Mal erlebt.

 

Diskussion

 

Mittlerweile gibt es zahlreiche Fachbücher über Autismus, aber mir sind nur wenige belletristische Romane bekannt, die es interessierten Leserinnen und Lesern ermöglichen, einen unbefangenen Einblick auf das Leben unter den Bedingungen des Asperger-Syndroms zu erhalten. In diesem Roman steht nicht das Syndrom im Mittelpunkt, sondern ein Romanheld, der ungewöhnlich denkt, entscheidet und handelt, aber genau diese Eigenschaften machen Bent zu Bent, für ihn ist das nichts Besonderes. 

 

Damit zeichnet das Buch ein anderes Bild, als jenes Bild, das oft in den Medien gezeichnet wird, das Bild eines Freaks bzw. Nerds. Das Buch vermittelt es einfach wie es ist: Bent ist so wie er ist in Ordnung!

 

Man erfährt viel über Bent und den Bedingungen unter denen er lebt: Bent mag auf seine Mitmenschen oft sonderbar wirken, wie ein Außenseiter oder Eigenbrötler, der die Welt mit seinen eigenen Augen sieht und sich in ihr auf seine Art zurechtfinden möchte. Wer sich unvoreingenommen öffnen kann, sieht einen Jungen, der intelligent ist und gut logisch denken kann und mit seiner pragmatischen Art letztendlich zum Happy End der Geschichte beiträgt.

 

Man erfährt einiges über Bents Schwierigkeiten z.B. wenn es darum geht, sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Er zeigt Interesse am Gegenüber, kann aber nicht ermitteln, wann es dem Anderen nicht gut geht und es fällt ihm dann auch nicht ein, was er tun soll oder was der Andere von ihm erwartet. Doch sein Bruder Søren weiß Bescheid und baut ihm Brücken, indem er ihm klare Ansagen gibt, was von außen manchmal befremdlich empfunden werden könnte, weil man davon ausgeht, dass Bent die nonverbalen Signale des anderen doch lesen können müsste.

 

Bent mag es, wenn alles seinen gewohnten Verlauf nimmt und Rituale geben ihm Sicherheit. Dieser Wunsch nach Gleichförmigkeit spiegelt sich in der Geschichte um Bent und lädt zum Nachdenken ein: ist das wirklich ein autismus-typischer Wunsch oder nicht eigentlich ein ganz universeller Wunsch nach Gleichförmigkeit, weil sie Sicherheit gibt und es einfach macht, weil man sich nicht immer wieder neu entscheiden muss?

 

Interessant fand ich, dass der Autor die Geschichte in Dänemark ansiedelt. Durch diesen Ortswechsel wird schnell klar, dass es Søren im Urlaub im Ausland wie Bent im Alltag zuhause geht. Oft ergeben sich Situationen, in denen man nicht versteht bzw. nicht verstanden wird. Durch solche Szenen wird eindrucksvoll dargestellt, dass es Übersetzungshilfen braucht, um zurecht zu kommen. Gelingt die Verständigung nicht, kommt es unweigerlich zu Missverständnissen, wiederum ein Umstand, den Bent tagtäglich erlebt, weil er seine eigene Sprache spricht und seine eigene Logik hat, die auf den ersten Blick unverständlich wirkt. Die Szenen zeigen aber auch sehr schön, dass auch Søren sich unklar ausdrückt, Methapern benutzt oder Sätze unvollendet lässt, ein Sprachgebrauch, der neurotypischen Menschen nicht unbedingt auffällt, weil sie davon ausgehen, dass das Gegenüber den Kontext mitdenkt und im Zweifelsfall das Unausgesprochene gedanklich ergänzt. An diesen Stellen wurde sehr gut herausgearbeitet, dass die Sprachbarrieren in der Geschichte also nicht einzig bei Bent zu verorten sind, sondern das auch Søren dazu beiträgt, dass Missverständnisse entstehen.

 

Das Buch transportiert eindrücklich, dass es kein Defizit ist unter den Bedingungen des Asperger-Syndroms zu leben. Es beschreibt den Alltag, so wie er ist, sowohl für Søren als auch für Bent. Über die Wortschöpfungen und den Wortwitz von Bent habe ich oft geschmunzelt, denn sie sind treffend. Ich finde sogar, dass seine Begriffe oftmals viel besser zu verstehen sind als herkömmliche Bezeichnungen. An diesen Stellen hat sich bei mir wieder diese Faszination und dies Gefühl einer magischen Anziehungskraft eingestellt, der ich mich nicht entziehen kann. Zum Beispiel der Begriff »Musikmaschine« für einen MP3 Player, »Mobilquatsche« für ein Smartphone oder das »Dänenland« für Dänemark, um nur einige zu nennen.

 

Kennzeichen des Romans ist eine wirkungsvolle Authentizität wie sie wahrscheinlich nur einem Autor gelingen, der selbst unter den Bedingungen des Asperger-Syndrom lebt. Rolf Piotrowski schreibt auf seiner Website: »Diese Tatsache ermöglicht es mir beim Schreiben, zwischen Bent und seinem 18jährigen Bruder Søren hin- und her zu schalten. Als Bent agiere ich als ich selbst, so wie ich in Bents Alter war. Als Søren übernehme ich die Rolle eines älteren Bruders, wie ich ihn mir gewünscht habe und der so mit mir umgegangen wäre, wie Søren es mit Bent praktiziert. Insofern ist das Verfassen der Bent-Romane für mich eine oft emotionale Gratwanderung. Die damit verbundene Konfrontation mit meiner eigenen Biografie ist immer wieder aufschlussreich«.

 

Rolf Piotrowski ist neben dem Schreiben Heilpraktiker für Psychotherapie, ein Kollege sozusagen, dem es mit dem hier vorgelegten Buch gelungen ist, ein positives, gleichwohl heilsames Bild zu zeichnen, ohne zu stigmatisieren. Er zeigt auf, wie es gelingen kann, wenn unterschiedliche Welten aufeinandertreffen, sich berühren, einfach so wie es ist. Die Freude der beiden Jungen überträgt sich auf den Lesenden und macht Spaß, viele Momente sind einfach lustig und ließen mich oft schmunzeln. Der Autor stellt mit dem Roman Bent11 einen gelungenen Gegenentwurf zu den oftmals einseitigen defizitorientierten Sichtweisen auf das Erscheinungsbild  Autismus dar. Mehr davon! So wie das Lesen der Dummheit schadet, schaden solche Bücher Vorurteilen!

 

Rezension von

Dipl.-Päd. Petra Steinborn

Homepage www.abc-autismus.de

Männergespräch in Dänemark

c) Rolf Piotrowski

Anlässlich einer Veranstaltung am 04.06.2017 in Sissach, Schweiz, führten Matteo Georgeon und Ole Niemann ein kleines Theaterstück auf.

 

Das kurze "Männergespräch in Dänemark" bestand aus Textpassagen aus meinem Roman Bent11

 

Matteo übernahm die Rolle des 11jährigen Bent, Ole schlüpfte in die Rolle dessen 19jährigen Bruder Søren.

 

 

Matteo (links) und Ole (rechts) bei der Textprobe.

Der Ort der Handlung

 

Broager ist eine Stadt am Nordufer der Flensburger Förde mit ca. 3400 Einwohnern. Die Stadt liegt im Süden Dänemarks. Seit Januar 2007 gehört Broager zur Großkommune Sønderburg, Region Syddanmark (Süd-Dänemark).

 

 

 

 

 

 

Koordinaten: ♁ 54° 53´N 9° 40´0

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© Rolf Piotrowski